F: |
Was hat Sie bewogen, gerade Ihren Beruf zu ergreifen? In meinem Ursprungsberuf als Fotografin habe ich schon sehr früh bemerkt, welch großes Potenzial zur persönlichen Entwicklung in der Arbeit mit Bildern liegt, wenn es etwa um Themen wie Wahrnehmung, Einstellung, Standpunkt, Perspektive, Blickwinkel etc. geht und welche Möglichkeiten sich dadurch eröffnen, etwas über uns selbst zu erfahren. Es kann uns helfen, uns bewußter in unserer Lebensgestaltung und unserer individuell erworbenen Lebenseinstellung zu begreifen, dort, wo es notwendig ist, Korrekturen vorzunehmen und unser 'Lebensbild' neu zu gestalten. Anschließende andere künstlerische Ausbildungen, wie Schauspiel, Musik, Malen, Foto-Design, einige Semester Psychologiestudium, vor allem aber meine Freude an der Arbeit mit Menschen, meine Lust am schöpferischen Tun, meine Fähigkeit genau zu beobachten und Zusammenhänge zu erfassen, zu hinterfragen, zu analysieren und gemeinsam nach kreativen Lösungen zu suchen, haben mich dazu bewogen eine Ausbildung zur Kunsttherapeutin zu absolvieren. |
F: |
Welche besonderen Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach in Ihrem Beruf gefordert? Phantasie, Kreativität, Offenheit, Interesse am Anderen, die Fähigkeit auch kleinste Details oder oft Unscheinbares wahrzunehmen und in die Arbeit mit den Klienten zu integrieren, sowie Einfühlungsvermögen, Beziehungsfähigkeit, gute Belastbarkeit, und die Fähigkeit profundes gelerntes Wissen mit intuitiver Erfassung verbinden zu können. |
F: |
Weshalb haben Sie sich gerade für Ihre Arbeitsschwerpunkte entschieden?
Meine Schwerpunkte haben sich großteils aus meiner praktischen Arbeit heraus entwickelt und beeinhalten die Themen, mit denen ich am häufigsten konfrontiert werde. Mein Interesse für psychosomatische Zusammenhänge bestand ähnlich wie meine Vorliebe für Bilder schon sehr früh und geht auch auf eigene Erfahrungen zurück. Für mich bedeutet die Sprache des Körpers nur eine andere Ebene als die des seelischen Befindens und ist untrennbar als Ganzes verknüpft. Somatisches und psychisches Geschehen bedingen sich wechselseitig, wenn dieses Geschehen aus dem Gleichgewicht kommt, ist der Organismus bestrebt einen Ausgleich zu finden, um das 'Fehlende' zu ergänzen. Dies kann sich unter anderem auch in körperlichen Symptomen bis hin zur Krankheit ausdrücken. Mein Anliegen ist, meine Klienten auf der Suche nach dem Fehlenden zu begleiten und sie bei ihrer Ganzwerdung zu unterstützen. Dazu ist ein ressourcenorientiertes Verfahren wie die Kunsttherapie besonders geeignet. Wichtig wäre auch im Sinne einer Prävention und Vorsorge, rechtzeitig die ersten Hinweise einer fehlenden Balance wahrzunehmen und etwas für sich zu tun, bzw. Hilfe in Anspruch zu nehmen, bevor es zu einem größeren Ungleichgewicht kommt. |
F: |
Was erachten Sie als Ihren bisher größten beruflichen Erfolg?
Es gibt vielleicht nicht 'den' größten beruflichen Erfolg, entscheidend ist die Summe der vielen positiven Ergebnisse, die ich mit den Klienten/Patienten bei meiner kunsttherapeutischen Tätigkeit täglich erlebe. Es freut mich auch, dass ich meine Arbeit bereits bei vielen Kongressen im In- und Ausland präsentieren konnte und sie auch bei den Medien (Fernsehen und Presse, etwa in der Sendung 'Radiodoktor' auf oe1 oder im Rahmen des Radiokollegs 'Kunst und Medizin', zuletzt im Rahmen der ORF-Sendung 'Bewußt gesund) Interesse gefunden hat und vorgestellt wurde. |
F: |
Wodurch glauben Sie, könnten die Menschen vermehrt für Ihre Dienstleistungen interessiert werden? Besonders bei älteren Menschen mache ich anfangs immer wieder die Erfahrung, daß das Bewußtsein, etwas für sich selbst zu tun und sich nicht nur im Bedarfsfall (Krankheit) unterstützen lassen zu dürfen, sehr schwach entwickelt ist. Hilfe für die Seele wird oft als etwas, das man nicht notwendig hat (auch im Sinne von 'Ich bin doch nicht verrückt' ) gesehen. Erst die körperliche Erkrankung rechtfertigt sozusagen ein Inanspruchnehmen der Hilfe von außen. Hier ist eine verstärkte Bewußtseinsbildung durch die Öffentlichkeit und die Medien wichtig, aber auch die Weitergabe von den positiven Erfahrungen, die Klienten in einer Therapie (z.Bsp. Kunsttherapie) machen. |
F: |
Arbeiten Sie auch mit Berufskolleg*innen oder mit Expert*innen aus anderen Berufsgruppen zusammen? Durch meine langjährige Tätigkeit im Krankenhaus im Rahmen eines psychosomatischen Schwerpunkts einer Herzstation arbeite ich mit Ärzten, Psychotherapeuten, Psychologinnen und Psychiatern zusammen. Ebenso wichtig ist mir der Austausch mit kunsttherapeutischen Berufskollegen/innen im In- in Ausland. |
F: |
Bieten Sie auch selbst Veranstaltungen an (Seminare, Workshops, Gruppen, Vorträge usw.)? Ich biete Wochenendworkshops und Seminare mit verschiedenen Schwerpunkten an. Diese richten sich sowohl an KlientInnen, die an Selbsterfahrung interessiert sind, als auch an KunsttherapeutInnen im Rahmen ihrer Fortbildung. (Näheres unter: http://christaniederreiter.wordpress.com) |
F: |
Welches Ziel wollen Sie in Ihrem Beruf noch erreichen? Ich möchte die gesammelten Erfahrungen aus meiner Arbeit weitergeben und mir die Zeit nehmen, etwas zu publizieren. |
F: |
Arbeiten Sie mit Expert*innen aus anderen Berufsgruppen zusammen (Ärzt*innen, Therapeut*innen, Berater*innen, Beratungsstellen)? Ja |
F: |
Was bedeutet für Sie Glück? Das kann ein einziger Augenblick sein, aber auch die Summe vieler Einzelteile, - entscheidend ist, daß wir es wahrnehmen und uns daran freuen können. |
F: |
Wenn Sie die berühmte "Gute Fee" nach drei Wünschen fragen würde, welche würden Sie äußern? Um mir meine Wünsche zu erfüllen, warte ich auf keine gute Fee! Aber spontan würde ich mir wünschen, daß sie mich auf meinem Weg weiterhin glückbringend weiterbegleitet und mir die Augen öffnet, um das Entscheidende sehen zu können. Dann erfüllt sich alles andere von selbst. |
F: |
Welche drei Gegenstände würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Das kommt darauf an, was es auf der Insel schon gibt und wo sie ist. |
F: |
Was ist Ihr Lebensmotto? Suche nicht nach dem Sinn im Leben, gib ihm einen! |
F: |
Welche wichtige Frage haben Sie in diesem Interview vermisst? In der Fülle der Möglichkeiten, die die Kunsttherapie bietet, vielleicht die Frage nach meiner persönlichen kunsttherapeutischen Arbeitsweise? |
F: |
... und wie würden Sie darauf antworten? Aufgrund meiner Ausbildung ist meine kunsttherapeutische Arbeitsweise tiefenpsychologisch fundiert und von einem systemischen und transaktionsanalytischen Ansatz geprägt. Die bildnerisch-gestaltende Arbeit setzt sich aus Zeichnen, Malen, Formen, Fotografieren und Anteilen der rezeptiven Kunsttherapie zusammen und wird ergänzt durch Methoden der Sinnes- und Körpererfahrung. Aber auch Elemente aus Schauspiel, Musik und Poesie fließen in meine Arbeit mit ein, um eine möglichst umfassende, ganzheitliche Betreuung zu erreichen. |