Suchmenü einblenden

Fachartikel


Was ist Kunsttherapie? Das Berufsbild aus der Position der im Austrian Board of Art-Therapies integrierten Berufsverbände für Kunsttherapie
von ABOAT - Austrian Board of Art-Therapies
Der folgende Text sind Positionen zur Kunsttherapie, über die sich alle in der ABOAT (Austrian Board of Art-Therapies / Österreichischer Dachverband für Kunst-Therapien) integrierten Berufsverbände einig sind.

Was ist Kunsttherapie?

In der Kunsttherapie steht die kreative und schöpferische Ausdrucks- und Gestaltungskraft, die jeden Menschen wesentlich ausmacht, im Zentrum der therapeutischen Begleitung. Inneres wird sinnlich konkret ausgestaltet, wahrgenommen und bearbeitet. Es wird emotional und körperlich erfahrbar, kommunizierbar und aus sich selbst heraus veränderbar.
KunsttherapeutInnen unterstützen den Menschen in seiner grundlegenden Ausdrucks- und Gestaltungsfähigkeit, in der die Ressourcen zur Transformation von erlebten Störungen liegen. Durch die Aktivierung des Menschen in seiner leiblichen, seelischen und geistigen Ganzheit wird die Rehabilitation und Wiederherstellung des kreativen, schöpferischen Vermögens zur Lebensgestaltung bewirkt.

KunsttherapeutInnen begleiten einen Gestaltungsprozess, der alle Elemente, Materialien und Methoden eines künstlerischen Prozesses beinhaltet. Dabei geht es nicht um die künstlerische Qualität des Produkts. Kunst meint vielmehr den Weg der Übung, das eigene Leben aus sich selbst heraus bewusst zu gestalten. An seinen eigenen Gestaltungen bekommt der Mensch ein aktives Übungsfeld, um neue Umgangsmöglichkeiten mit sich selbst und der Welt zu entwickeln, woraus sich neue Perspektiven in Bezug auf eine schöpferische Lebensgestaltung ergeben.

Die Beziehung zwischen TherapeutInnen und KlientInnen unterscheidet sich von anderen Therapien in der Form, dass es ein 3-Wege-Prozess ist: der Therapeut, der Klient und die Gestaltung. Über die sinnliche Gestaltung eröffnet die Beziehung in ganz besonderer Weise die Möglichkeit zum Ausdruck und zur Kommunikation und eröffnet zusätzlich die Möglichkeit, nonverbal in Beziehung zu treten.

Ihrem salutogenen Ansatz, d. h. die Erhaltung und Unterstützung der individuellen Gesundheit entsprechend, kann die Kunsttherapie als eigenständiges therapeutisches Verfahren oder im Zusammenhang mit anderen Therapieansätzen angewendet werden.


Unser Ansatz zu Gesundheit und Krankheit

Kunsttherapie begreift Gesundheit als erlernbare, aktive Fähigkeit eines sich entwickelnden Menschen. Gesundheit ist nicht ein passiver Zustand, sondern Gesundheit gilt es zu schaffen und der Mensch ist daran beteiligt, ob sie entsteht oder nicht. Gesundheit ist viel mehr als nur Symptomfreiheit, weil sie eben eine aktive und einübbare Fähigkeit darstellt. Gesundheit ist eine ununterbrochene und erfolgreiche Selbstheilung.

Gesundheits- und auch Krankheitsentwicklung haben mit den mehr oder weniger geeigneten Kommunikationsmittel, Beziehungen oder Methoden zu tun, die ein Mensch einer sich verändernden Umwelt auszubilden vermag. Heilung bedeutet Selbstregulation aus einem Zustand der gestörten in einen der ungestörten Regulation.

Krankheit, Störung oder Leiden sind nicht der primäre Ansatzpunkt der Kunsttherapie. Sie werden vielmehr als Schritte auf einem Weg verstanden, der noch ausbaufähig ist. So können Krankheitssymptome selbst oft sichtbare Zeichen einer vom Organismus angestrebten Selbstheilung sein, deren individuelles Ziel verstanden werden will. Krankheit, Störung oder Leiden werden als Äußerung der Selbstregulation verstanden. Krankheit ist Heilung insofern, als die Krankheitssymptome die sichtbaren Zeichen der vom Organismus angestrengten regulativen Selbstheilung darstellen. Symptome sind Fragen, die nach einer schöpferischen Antwort verlangen.

Die Bewertung von gesund oder krank hat zu diesem Zeitpunkt noch nicht stattgefunden. Es ist ein Problem, das wartet und das auch nicht von einer äußeren Instanz verhängt werden kann. Der Kunsttherapeut ist erfüllt von dem Vertrauen, dass sein Klient das kreative Potential in sich trägt, gesundend in das eigene Leben einzugreifen.

Der künstlerische Prozess ist letztlich nichts anderes als ein intimes Selbstgespräch, in welchem der Klient seine ganz eigenen Lebensfragen und -antworten erst einmal zu formulieren beginnt. Wir sind davon überzeugt, dass sich heilende Prozesse von der rein künstlerischen Ebene durch ihre eigene innere Dynamik auf die seelische und leibliche Lebensebene des Menschen überträgt, der sie vollzieht. Die künstlerischen Prozesse bieten eine Entwicklung an, die nun Selbstregulierung aktiviert und werden nicht als Maßnahmen gegen Störungen eingesetzt. Im kunsttherapeutischen Prozessverlauf werden Missempfindungen, Missemotionen, störende Mentalitäten ausgedrückt und die Wirkkräfte der künstlerischen Medien werden als konstruktive, im Makro- wie im Mikrokosmos wirkende Lebenskräfte wieder erkannt.


Die Kernkompetenz der Kunsttherapie

KunsttherapeutInnen vereinigen in sich die Fähigkeiten künstlerisch handeln zu können und Menschen einfühlsam in ihrer Selbstgestaltung begleiten zu können.

Ihre Ausbildung erfordert sowohl die künstlerische Übung hin zur eigenen Meisterschaft, als auch die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst hin zu einer reifen, sich selbst reflektierenden Persönlichkeit.

KunsttherapeutInnen verfügen über ein vielfältiges Material- und Methodenreservoir und wenden dieses mit ausreichendem Wissen über die Ausgestaltungen von Seinszuständen im Krankheits- und Gesundheitskontinuum prozessorientiert an.


Das kunsttherapeutische Menschenbild

Für KunsttherapeutInnen existiert im Menschen eine ureigene Wesenheit mit kreativen und sozialen Ressourcen und daran orientieren sie sich in ihrer Arbeit mit den Menschen und nicht an Symptomen, Krankheiten oder Kranksein.
Wir begreifen das SELBST als zugrunde liegendes Potential und das ICH, als die Persönlichkeit, die mit dem SELBST und der Umwelt kommuniziert.

Die Interaktion zwischen ICH und SELBST zeigt die Selbst- und Lebensgestaltung des Menschen als Notwendigkeit der Verwirklichung der Möglichkeiten, in den eigenen und den Bedingungen der Umwelt.


Der Zweck der Kunsttherapie

Durch Wahrnehmungs- und Gestaltungsprozesse, kreative und künstlerische Interaktionen, Auseinandersetzung mit den sinnlichen Eigenschaften und den Wirkungen von Gestaltungsmaterialien werden authentische Ressourcen hin zur Wiederherstellung, Förderung und Erhaltung der potentiellen Anlagen, Fähigkeiten und Ziele von kreativer Lebensgestaltung bis zu künstlerischer Ausrichtung aktiviert.


Der kunsttherapeutische Prozess

Kunsttherapie ist eine bewusste und erfahrene Begleitung im Krankheits- und Gesundheitskontinuum.

Es handelt sich um einen schöpferischen Prozess, der sich zwischen dem Klienten, seinem Werk und dem Kunsttherapeuten als Wechselbeziehung entwickelt.

Neben der Ausübung rein technischer Fähigkeiten im Umgang mit dem Material kommt dabei ein feinsinniges Aktivsein des ganzen Menschen in Betracht.

Am konkreten eigenen Gestaltungsprozess wird die Wahrnehmung, die zugleich Selbstwahrnehmung ist, sensibilisiert. Mit dem Gestaltungswillen des Klienten werden in ihm biographische emotionale, mentale und kausale Ressourcen mobilisiert. Durch sein entstehendes Werk kann er sich ein Stück weit selbst ausdrücken. Daran werden seine eigenen Fähigkeit und Grenzen, die auch als Widerstand erlebt werden können, unmittelbare Erfahrung.

Der Kunsttherapeut begleitet diesen kunsttherapeutischen Prozess mit innerem Verständnis, bewusst machenden Hinweisen und Ermunterung zur Transformation (verbal oder nonverbal).
Die künstlerisch therapeutische Arbeit steht in engem biographischen Zusammenhang. Was im kunsttherapeutischen Prozess bewegt und transformiert werden kann an gewohnten Wahrnehmungs- und Verhaltensmustern, das hat einen tief greifenden Rückkoppelungseffekt auf das Befinden des Menschen innerhalb seines Umfeldes.

Entwickelt wird dabei die Fähigkeit des Klienten, auch bei veränderten Anforderungen, ein gesundes Gleichgewicht zu erhalten bzw. zurück zu gewinnen.

Sie sind hier: LiteraturFachartikel

Weitere bestNET.Portale

powered by T3consult
Datenschutz-Erklärung